Mittwoch, 20. Juli 2016

MY VERY AMERICAN FOURTH OF JULY


Wenn ich diese Fotos sehe fühle ich mich sofort wieder auf die Wiese zurückversetzt, umgeben von warmer Sommerluft und dutzenden, auf Picknickdecken sitzenden  Familien; Kindern, die nur kurz vorbeischauen, um sich Geld für Eiscreme abzuholen und danach wieder mit ihren Freunden verschwinden; Gelächter und Musik, Jahrmarktsstimmung, Blaubeerkuchen, Feuerwerk, rot und blau zu allen Seiten

Ich dachte nicht, dass einen der Nationalfeiertag eines fremdem Landes so glücklich machen könnte, aber meine allgemeine rasche Begeisterungsfähigkeit enttäuschte mich auch diesmal nicht und ich amüsierte mich prächtig bei den Feierlichkeiten anlässlich des amerikanischen Unabhängigkeitstages. So ist es auch nicht verwunderlich, dass ich gedanklich schon die Würstchen für meine 2017-Independence-Day-Party in Deutschland auf den Grill werfe-ihr merkt, ich muss nach meiner Rückkehr wohl erstmal langsam und Schritt für Schritt entamerikanisiert werden. 
Es ist schon verrückt und etwas beschämenswert-der Tag der Deutschen Einheit interessierte mich nie und ich musste gerade sicherheitshalber nochmal googlen, dass es wirklich der dritte Oktober ist und ich mich hier nicht blamiere, indem ich womöglich das falsche Datum aufschreibe. Aber kaum ist man in einem fremdem Land ist alles exotisch und jahrhundertealte Feiertage bergen plötzlich einen gewissen Reiz. Amerikas offen ausgelebter Patriotismus verstärkt das Zugehörigkeitsgefühl natürlich noch umso mehr und man kann gar nicht anders, als sich von Kopf bis Fuß in rot und blau zu hüllen und für ein Land zu jubeln, dass nicht das eigene Heimatland ist.
An dieser Stelle möchte ich unbedingt meine Dankbarkeit darüber ausdrücken, einen glücklichen und sicheren Nationalfeiertag verbracht zu haben-ganz im Gegensatz zu den vielen unschuldigen Menschen, die während der letzten Woche in Nizza diesselbe Intention hatten und wohl nie mit einem so schrecklichen Vorfall gerechnet hätte, wie er sie am Donnerstag erwartete. Es machte mich sprachlos, hier am selben Abend online darüber zu lesen und unendlich traurig zu wissen, dass solche Meldungen die momentane Flüchtlingssituation in Europa nur noch komplizierter werden lassen... Diesen Gedanken wollte ich unbedingt mal loswerden. 

Nun wieder zurück zum eigentlichen Thema: wir verbrachten den vierten Juli in sehr amerikanisch traditioneller Weise-mit einer Grillparty am Vortag und bei einem riesigen Picknick samt Jahrmarkt, Kuchenwettessen und Feuerwerk am eigentlichen Feiertag.
Schon vor Wochen kaufte ich mir süße rot-blau-weiße Haarschleifchen als Accessoire, vergaß danach jedoch, mich noch weiter mit patriotischem Krimskrams einzudecken. T machte mir also eine süße Frisur, ich zog das blau-weißeste an, was ich finden konnte und los ging es. Mit einem Picknickkorb voller Decken und übrig gebliebener Grillpartyspeisen vom Vortag machten wir uns am frühen Abend auf zum Amherst Uni-Campus, wo neben dem Footballstadion ein kleiner Jahrmarkt aufgebaut war und sich allmählich in einen riesigen Picknickplatz verwandelte. 

Wir trafen eine befreundete Familie, lagen auf Decken in der Sonne und unterhielten uns, bis es Zeit wurde für mein amerikanisches Highlight diesen Tages-das Kuchenwettessen. Ihr kennt sicherlich Fotos dieser widerlichen Burger(fr)esswettbewerbe, bei denen sich 200kg Menschen innerhalb kürzester Zeit ein vollständiges McDonald's Sortiment in den Mund stopfen. Nunja, so schlimm war es in diesem Falle nicht, nennen wir es mal die "stilvolle" Variante des Fressspektakels: Blaubeerkuchenwettessen. Eingeteilt in verschiedene Altersgruppen mussten die Teilnehmer innerhalb von 45sec den Großteil eines Blaubeerkuchens essen, anschließend wurde anhand der übriggebliebenen Reste der Gewinner ermittelt. Nach drei Runden wurde einem auch als Zuschauer langsam aber sicher schlecht und nach jedem blaubeerverschmierten Gesicht, dass ins Publikum (und in meine Kamera) grinste, war ich ein Stückchen mehr erleichtert, nicht mitgemacht zu haben-die Peinlichkeit dieses Erlebnisses hätte ich wohl nie ganz überwunden. Dennoch hat es uns eine halbe Stunde dauerhaften Lachens beschert, es war also doch zu etwas gut ;)

Die Krönung dieses perfekten Tages war nach einem traumhaften Sonnenuntergang das Feuerwerk, das (ohne Übertreibung) tatsächlich das schönste gewesen ist, das ich je gesehen habe. Da private Feuerwerke im Staate Massachusetts normalerweise illegal sind, mussten natürlich zu diesem Anlass mal ordentlich aufgefahren werden-hach, es war ganz wunderbar!


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